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unter Mitarbeit von Konstanze Kremtz und Sven Rössel
Andreas Hammerschmidt (1611–1675), jahrzehntelang als Organist an St. Johannis in Zittau tätig, gehört zu den produktivsten und populärsten Komponisten des 17. Jahrhunderts. Seine Werke – geistliche Chor- und Ensemblemusik, aber auch Kammermusik, Lieder und Tänze – erschienen oft in mehreren Auflagen, denen renommierte Zeitgenossen – darunter der Dresdner Hofkapellmeister Heinrich Schütz und der Hamburger Dichter Johann Rist – rühmende Worte voranstellten.
Vornehmlich aufgrund der Fülle – nachzuweisen sind mehr als 700 Kompositionen – ist Hammerschmidts Œuvre erst ansatzweise erschlossen. Mit einer Edition, die von Prof. Michael Heinemann und Konstanze Kremtz, beide tätig an der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden, und Sven Rössel, dem aus Zittau stammenden Direktor der Kreismusikschule Dreiländereck, betreut wird, soll nun erstmals eine Gesamtschau dieses Werks geboten werden.
Die Frage, inwieweit sich Kirchenmusik vom Musiktheater abgrenzen müsse, hatte zu Zeiten Andreas Hammerschmidts keineswegs schon jene Virulenz, die sie ein halbes Jahrhundert später gewann, als man von Seiten orthodoxer Theologie eine klare Distanzierung forderte. Hammerschmidt umging die Problematik indes von vornherein, indem er auf Modernismen verzichtete, die geeignet gewesen wären, die Kritik von konservativen Musiktheoretikern oder strengen Liturgikern auf sich zu ziehen. Doch ist die Lösung, die er in den beiden Bänden seiner Musicalischen Gespräche über die Evangelia(1655/56) vorlegte, in anderer Hinsicht zukunftsweisend: Musik für den Gottesdienst, so sein Konzept, konnte musikdramatische Erfahrungen integrieren, wenn sie Situationen reproduzierte, in denen Handlungen durch biblische Texte, Psalmverse oder Choralzeilen kommentiert werden. Auf diese Weise entstehen kleine Szenen, die im Dialog zweier Protagonisten oder Gruppen eine kurze Geschichte exponieren, welche dann summarisch reflektiert wird. Partien rezitativischen und/oder ariosen Charakters ergänzen chorisch gefasste Passagen, deren Wiederholung genutzt wird, musikalische Form zu konstituieren. Die Folge der einzelnen Abschnitte ist nun nichts weniger als zufällig oder gar unverbindlich, sondern erhält eine Ordnung, die ebenso ingeniös gerät wie die Zusammenstellung der Texte.
Die Ergänzung von Texten, mit denen ein Sonntags-Evangelium kommentiert wurde, in einer Komposition, deren Abschnitte durch Besetzung und Satztechnik, Metrum und gegebenenfalls auch Tonart unterschieden waren, kann als Ausgangspunkt einer Librettistik verstanden werden, die zur barocken Kirchenkantate führte; die spätere Gliederung in deutlich geschiedene Einzelsätze zeichnet sich in der Vielteiligkeit von Hammerschmidts Gesprächen bereits ab. Deren Knappheit – die einzelnen Stücke dauern selten mehr als wenige Minuten – gereicht ihrer Verwendung in der Liturgie ebenso zum Vorteil wie die Konzentration auf eine zentrale Stelle der Perikope: Gründe genug, die den Erfolg der Musicalischen Gespräche erklären, zumal Hammerschmidt mit den beiden in rascher Folge herausgebrachten Bänden einen vollständigen Jahrgang solcher Musiken vorlegte. Für jeden Sonn- und Festtag des Kirchenjahres war hier eine Komposition geboten, die sich für den Hauptgottesdienst eignete, aber durch die Kombination mit benachbarten Stücken auch die Gestaltung von paraliturgischen Feiern und (privaten) Frömmigkeitsübungen ermöglichte.
Im Rahmen der Andreas-Hammerschmidt-Werkausgabe erscheinen die beiden Bände der Musicalischen Gespräche über die Evangelia gleichfalls in zwei Bänden (Teilbände 9.1 und 9.2), die einzeln erhältlich sind.
Eine Übersicht der Andreas-Hammerschmidt-Gesamtausgabe finden Sie als pdf-Datei unter folgendem Link:
https://vkjk.de/files/artikelbilder/noten/Bandgliederung_Hammerschmidt.pdf
Inhalt
Vorwort zur Gesamtausgabe
Einleitung
Noten
Musicalische Gespräche über die Evangelia, Teil 1 (1655) (HaWV 471–500)
1 Freue dich, du Tochter Zion
2 Himmel und Erden vergehen
3 Da aber Johannes
4 Und diss ist das Zeugnüß Johannis
5 O ihr lieben Hirten / fürchtet euch nicht
6 Was meinestu wil aus dem Kindlein werden
7 Und da acht Tage umb wahren
8 Wo ist der neugeborne König der Jüden
9 Mein Sohn / warumb hastu uns das gethan
10 Herr sie haben nicht Wein
11 Herr ich bin nicht werth
12 O Herr hilf wir verderben
13 Herr, hast du nicht guten Samen
14 Herr diese letzten haben nur
15 Höret zu, es gieng ein Seeman
16 Gelobet sey der Herr
17 Bist du Gottes Sohn
18 Ach Herr, du Sohn David
19 O Jesu, mein Jesu
20 O Vater aller Augen
21 Wer von Gott ist
22 Wer waltzet uns den Stein
23 Friede sey mit euch
24 Ich bin ein guter Hirte
25 Warlich ich sage euch
26 Nun aber gehe ich hin
27 Warlich ich sage euch
28 Gott fähret auff
29 So euch die Welt hasset
30 Herr du weissest alle Dinge
Kritischer Bericht
Festeinband
21 x 29,7 cm
324 Seiten
Deutsch
ISBN: 978-3-95755-645-5
ISMN: 979-0-50258-257-9