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Die Kunst der englischen Virginalisten zwischen 1550 und 1650 ist einer der glanzvollsten Höhepunkte in der Geschichte der europäischen Tasteninstrumentalmusik. Sie war ein Teil der überaus hoch entwickelten bürgerlichen Musikkultur Britanniens, hauptsächlich während der Regierungszeit von Elisabeth I. (1558–1603) und Jakob I. (1603–1625). Direkten Widerhall fand sie allerdings nur im kompositorischen Schaffen einiger niederländischer Orgelmeister um 1610 und wirkte von dort aus hauptsächlich auf bestimmte Stilbereiche norddeutscher Organisten der Zeit um 1620/50. Die bei dieser Einspielung verwendeten drei Instrumente sind Nachbauten im Sinne der Originale des 17. Jahrhunderts. Zwei davon folgen den Mustern aus den Werkstätten der berühmten flämischen Ruckers-Dynastie in Antwerpen, deren vorzügliche Instrumente nicht zuletzt in England sehr begehrt waren. Das dritte Instrument verkörpert den unübertrefflich ausgereiften „italienischen“ Typus des Cembalos. Die Musik der englischen Virginalisten ist von einem geradezu leidenschaftlichen Trieb des Variierens durchdrungen. Das Grundgerüst der Einspielung bilden vier Cembalo-(Virginal-) Paraphrasen der Pavan „Lachrymae“ des berühmten Lautenisten John Dowland (1563–1623). Die geradezu hingebungsvoll gestalteten Paraphrasen offenbaren, dass das magische Stück, an dem man sich nicht satt hören konnte, zu einem Wetteifer immer neuer subjektiver Intensivierungen inspirierte. Die Variationsstrukturen und die Verzierungsdichte bilden auch für die weiteren, von Lajos Rovatkay in gewohnter Meisterschaft eingespielten Stücke wichtige Grundprinzipien. r Konstellation hinzu. Weiteres verbindendes Element aller Werke ist ihre französische Orientierung. Die fünf Komponisten fanden jeweils ihre individuelle Herangehensweise an die weihnachtliche Thematik, obwohl sich gleichzeitig überraschende Parallelen beispielsweise in der Ausgestaltung von Stimmungen feststellen lassen. Teilweise erlauben die Werktitel eine direkte Übersetzung der musikalischen in „szenische“ Bilder (Jolivet, Pijper, Martin), teilweise bleibt die Aufgabe der Erschließung und Zuordnung dem Hörer überlassen (Tournier), teilweise geschieht die Klassifizierung als weihnachtlich determinierte Musik eher anhand stilistischer Kriterien (Saint-Saëns). Auffällig ist, daß Jolivet, Pijper und Martin in den hier eingespielten Werken eine deutlich andere Tonsprache wählten als in weiten Teilen ihres anderen Schaffens – ein treffendes Beispiel für einen unausgesprochenen übergeordneten Konsens beim Erschaffen solcher streng anlassbezogener Werke.