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Bis Ende des 18. Jahrhunderts spielte die Gitarre in der Musikwelt Mittel- und Nordeuropas nahezu keine Rolle. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts kam es zu einem rapiden Beliebtheitsanstieg, ausgelöst durch südeuropäische Virtuosen, die gefeierte Gastspielreisen quer durch Europa unternahmen. Zwei Fakten begünstigten ihren Erfolg: Zum einen war die romantische Seele, die seinerzeit in der Kunst erblühte, den poetischen Ausdrucksmöglichkeiten dieses Instruments gegenüber besonders empfindsam, zum anderen machten technische Neuerungen den Gebrauch der Gitarre einfacher, besonders die Reduzierung der Saitenzahl auf die noch heute gebräuchlichen sechs. Allerdings führte die gesteigerte Popularität der Gitarrenmusik auch zu einer Art Trend, der neben sehr ausdrucksvollen Werken, Komponisten und Interpreten auch zahllose Mitläufer an die Oberfläche spülte, die indes zum großen Teil schnell wieder dort verschwanden, wo sie hergekommen waren: in den Versenkungen der Musikgeschichte.
Simon Molitor und Mauro Giuliani gehörten nicht zu den Eintagsfliegen an dem sechssaitigen Instrument. Beide lebten jahrzehntelang in Wien, das neben London und Paris zu einer Metropole gitarristischen Schaffens wurde, und beide leisteten Herausragendes im musikpädagogischen Sinne. Giuliani war selbst ein erfolgreicher Gitarrenlehrer, Molitor verband seine Kompositionen meist mit didaktischen Konzepten und schrieb 1799 den "Versuch einer vollständigen Anleitung zum Gitarrenspielen". Beide nutzten ihre Erfahrungen, die sie als Interpreten von Fremdkompositionen machen konnten, auch in ihrer eigenen kompositorischen Laufbahn, führten diese von der bekannten Basis aber in eigenständige Sphären. So hört man Giuliani zweifellos an, daß er die gerade den Kinderschuhen entwachsene Wiener Klassik kannte, aber er hebt sich schnell von formalen Abläufen hinweg. Sein "Duo Concertant" von 1812 schafft einen equilibristischen Zusammenhang zwischen Violine und Gitarre, der mit den heute gängigen, eher durch Exempel der U-Musik implizierten Vorstellungen der Beziehungen zwischen diesen Instrumenten nicht allzuviel zu tun hat. Molitors "Große Sonate" liegt auf dieser CD in einer Weltersteinspielung in voller Länge vor und stellt ebenso ein hochgradig entdeckenswertes Stück Musik dar.
Antje und Heiner Donath, seit einer Dekade als Duo agierend, verstehen es ausgezeichnet, die von Molitor und Giuliani vorgegebenen Beziehungen auszuloten, ihnen Leben einzuhauchen und ihre Tiefe zu erfassen, was diese CD zu einem ungewöhnlichen, aber faszinierenden Hörerlebnis macht.