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Um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert pflegte man vielerorts einen Aufführungsstil der Werke Johann Sebastian Bachs, der sich am ehesten mit dem Begriff „romantisierend“ umschreiben läßt. Für diesen waren die quasi sinfonischen Großorgeln, die als Neu- oder einschneidender Umbau seit der Jahrhundertmitte in immer mehr Kirchen die als nicht mehr zeitgemäß empfundenen barocken Instrumente ersetzt hatten, ideal geeignet. Schon Karl Straube aber begann im frühen 20. Jahrhundert, auch mit transparenteren Instrumentierungen zu arbeiten, wobei er ein intensives Quellenstudium betrieb und in Bachs eigenen Zeugnissen interessante Anhaltspunkte fand. Diese bildeten eine Grundlage für die Historische Aufführungspraxis späterer Jahrzehnte, die sich zuweilen in sklavischen Nachahmungsversuchen verirrte, oftmals aber hochinteressante Ergebnisse erzielen konnte, die uns heute deutlich machen, was mancher Komponist früherer Jahrhunderte gemeint haben könnte. In der Annenkirche zu Annaberg-Buchholz steht eine der beschriebenen sinfonischen Großorgeln, erbaut durch die Firma Walcker im Jahre 1884 und seit dem Abschluß einer langwierigen Restaurierung 1995 wieder im originalen Klangbild erlebbar. Daß sie für die romantisierende Bach-Interpretation ihrer Entstehungszeit bestens geeignet war, dürfte nicht in Zweifel zu ziehen sein. Matthias Süß, seit 2004 an diesem Instrument tätig, beweist mit der zweiten seines zunächst auf drei CDs angelegten Zyklus aber, daß diese Orgel durch geschickte Registrierung zweifellos die nötige Transparenz erzielen kann, um auch die komplizierten polyphonen Strukturen einiger der aufgenommenen Werke hörbar zu machen. Der Bogen des Programms spannt sich dabei von Bachs Lehrern bzw. Inspiratoren Böhm, Buxtehude und Bruhns über Bachs eigene Werke bis zu denen seines bedeutendsten Schülers Krebs.