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Eine Hauptaufgabe der großen Orgel in der mitteldeutschen barocken Kirchenmusik war das Continuospiel in den Motetten und Kantaten des Gottesdienstes. Die Barockorgeln Mitteldeutschlands sind in besonderer Weise für diese Rolle prädestiniert. Eine Reihe überlieferter Registrieranweisungen zu diesem Zweck belegt dabei ein Klangbild, das sich von dem der heute gebräuchlichen Truhenorgeln maßgeblich unterscheidet. Die Orgel war wesentlich stärker als heute üblich klangliches Fundament für die beteiligten Sänger und Instrumentalisten. Die Musizieremporen um den Spieltisch waren und sind in besonderer Weise für diese Praxis eingerichtet; oft sind die Emporen gegenüber dem Altarraum auch – es mag kaum verwundern – die akustisch besseren Orte für die Realisierung der Kirchenmusik. Eine besondere Rolle für die Orgel entstand zudem, wenn sie mit einer obligat geführten Solostimme aus dem Ensemble hervortrat. Für diesen (gar nicht so seltenen) Zweck waren selbst kleine Dorforgeln durch entsprechende Registriermöglichkeiten ausgestattet. Die im Jahr 2000 beendete, maßstabsetzende Rekonstruktion der großen Orgel des Silbermann-Schülers Zacharias Hildebrandt in der Wenzelskirche Naumburg brachte bereits einen Meilenstein für die Pflege der Musik Johann Sebastian Bachs mit sich. Hildebrandt stand nicht nur in engem Kontakt mit Bach, der ihn sehr schätzte; Bach hatte (zusammen mit Gottfried Silbermann) auch die Orgelprobe in Naumburg vollzogen und Hildebrandts Arbeit sehr gelobt. Die Orgel der Wenzelskirche ist somit ein unschätzbar aufschlussreiches „Bach-Instrument“. Die Kantaten BWV 35 „Geist und Seele wird verwirret“ und BWV 169 „Gott soll allein mein Herze haben“ bieten mit ihrer reichhaltigen Verwendung obligater Orgelstimmen ein umfangreiches Spektrum für die Darstellung der großen Orgel als Ensembleinstrument. (Aus einem Text von Jan Katzschke)