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Karl Ottomar Treibmann (1936–2017) komponierte „Hölderlin – Briefe und Dichtungen“ 1992. Schon allein die Gegenüberstellung von Brieftexten und Dichtungen aus verschiedenen Lebenssituationen Hölderlins zwischen Stagnation und Aufbruch mußte Treibmann zur Komposition stark emotionaler Situationen anregen. Fünf Briefe Hölderlins an seine Mutter, geschrieben im Tübinger Turmzimmer in der Zeit seiner Geisteskrankheit, wechseln mit fünf Gedichten und Fragmenten aus Hölderlins kreativer Schaffensphase. Was persönliche Aussagen vermuten läßt, schreibt der „gehorsame Sohn“ unterwürfig und sprachlich gestelzt an eine „teuerste“, „verehrungswürdigste“ und „liebste“ Mutter. Ihr gegenüber stellt er fest: „Mich auszudrücken ist mir so wenig vergönnt gewesen“ – dem Brief folgt die Wortgewalt des großen Dichters in „Sonst nämlich, Vater Zeus“. Die Textfolge stellte Günter Mieth nach den Intentionen und Vorgaben des Komponisten zusammen. Sprache wird musikalisches Material. Da mag der erste Brief bestürzen, eher spröde Klänge gehen von ihm aus und ziehen zugleich in ihren Bann. Singstimme und Flöte ordnen sich den Briefen zu, die gewaltige Klangfülle des Klaviers trägt die Größe der Dichtungen davon. Ein der gesamten Komposition zugrunde liegendes Kompositionsprinzip ermöglicht Geschlossenheit der noch so schizophrenen Welten zwischen Briefen und Dichtungen, in den Briefen und im Dichter selbst. Vorgeordnete Tonserien, die permutiert und zu Klang addiert werden, suggerieren den Eindruck des Öffnens und Schließens von Gefühlen, von Überschwang und Frust in einem Ganzen. Dem solchermaßen umfassenden Kompositionskonzept scheint die Reduktion auf drei Klangpartner zu widersprechen und fordert erst recht den Opernkomponisten und Sinfoniker Treibmann. Die Besetzung für Flöte und Klavier entspricht denjenigen Instrumenten, die Hölderlin selbst zu spielen vermochte.