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So eigenartig es klingen mag: der Venezianer Giovanni Gabrieli ist der deutschen Musikkultur in ganz eigentümlicher Weise verbunden, fast dort mehr zu Hause als in der italienischen. Und erst durch deutsche Schüler und Bewunderer (Heinrich Schütz mag als der bekannteste angeführt sein), vor allem aber durch deutsche Mäzene, die mit ihren Subventionen die Veröffentlichung seiner teils eigenwillig experimentellen Spätwerke erst ermöglichen, haben wir ein annähernd umfassendes Gabrieli-Bild. Im Vergleich zu seinen früheren Werken ist der späte der interessantere, der qualitativ ganz andere, der gehobene und über sich selbst hinausgewachsene Gabrieli, eben: Gabrieli Superiore.
Holger Eichhorn, als Leiter des Ensembles Musicalische Compagney anerkannter Spezialist für Alte Musik, hat Venezianer Originaldrucke aus dem Jahre 1615 sowie deutsche, hauptsächlich Kasseler Handschriften einer kritischen Revision unterzogen. Ein Teil der solcherart entpatinisierten Werke Giovanni Gabrielis kommt auf dieser CD zu Gehör. Gabrieli arbeitet mit einer fulminanten, zweckdienlichen Mehrchörigkeit; Doppelchöre werden zur Normalität, Dreifachchöre stellen keine Seltenheit dar. Die drei zwölfstimmigen Werke unterscheiden sich in der Konzeption stark voneinander: Von der konsequenten Trennung in Hoch-, Mittel- und Tiefchor bis zur konsequenten Durchdringung aller Chorlagen durch alle Chöre verarbeitet Gabrieli ein weites Spektrum akustischer Ausdrucksmöglichkeiten und Untermauerungen der textlichen Inhalte. Dabei ist zu beachten, daß der Begriff "Chor" nicht allzuviel mit dem heute gebräuchlichen Chorbegriff gemein hat. Pro Stimme agiert hier jeweils nur ein Sänger, der lediglich in Ausnahmefällen einen Ripienisten zwecks Verstärkung der Stimme zur Seite gestellt bekommt. Diesen vokalen Chören stehen die instrumentalen gegenüber, bei denen Gabrieli aus dem seinerzeitigen Füllhorn der Kirchenmusik schöpft: Neben Orgel, Zinken und Posaunen läßt er auch Saiteninstrumente wie die Chitarrone, eine große Baßlaute, zum Einsatz kommen, die sich erst um 1600 in der Sakralmusik durchzusetzen begannen.
Gabrieli schafft atmosphärisch dichte Kompositionen, welche die unterschiedliche Art religiöser Ausdrucksweise repräsentieren und denen auch behutsame Textanpassungen, wie sie die protestantischen deutschen Gabrieli-Schüler mit den katholischen Originaltexten vornahmen, nichts anhaben. So bildet jedes der Stücke einen Mikrokosmos des Gotteslobs und der Anbetung, der mit musikalischen Kunstmitteln einen Weg vom Irdischen zum Zeitlosen findet.