Die formale und thematische Konzeption der Sinfonie Nr. 2 Es-Dur von Franz Schmidt erweist sich in mehrfacher Hinsicht als außergewöhnlich. Bereits die Unterteilung in drei Sätze signalisiert Schmidts Abwendung von der weithin gebräuchlichen klassisch-romantischen Satzfolge. Während die beiden ersten Sätze ein schnelles Grundtempo erhalten, steht kontrastierend dazu nun über dem Finale: Langsam. Der erste Satz beginnt präludienartig. Seine drei Themen werden in einer sonatenhauptsatzmäßigen Anlage exponiert und klanglich facettenreich durchgeführt. Eine rhythmische Akzentuierung, Auftakte oder Synkopen sowie eine chromatisierte "ins Offene" führende Schlusswendung sind die Kennzeichen für jedes der thematischen Gebilde. Eintrübungen durch Moll-Tonarten unterstreichen die harmonische Wandlungsfähigkeit. Das Variationsthema des Mittelsatzes weist Verwandtschaft zum Hauptthema des ersten Satzes auf. Es werden verschiedenste rhythmische, harmonische und gestische Veränderungen durchlaufen, wobei das Thema in seiner Struktur sowie seinem Charakter verändert und durch das Klangbild der wechselnden Orchestergruppen in den einzelnen Variationen abgerundet wird. Gespannt vom feierlichen Bläsersatz des Chorals bis hin zum Hauptthema mit seinen ungarischen Anklängen findet das Finale den thematischen Bogen zu Vorangegangenem. Es zielt nicht allein auf Schlusswirkung, es ist auch der Ort für Zusammenfassung, Bündelung und Reminiszenz. So erklingt noch einmal das erste Thema des ersten Satzes, in den Bläserchoral mischen sich erneut ungarische Anklänge. Und auch manch andere Modulation bezieht sich auf Abschnitte früherer Satzteile.