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Fryderyk Chopin war ein Komponist, der kompositorisch besonders dann sehr große Produktivität an den Tag legte, wenn er sich körperlich oder auch seelisch in schlechter Verfassung befand. Ein klassisches Beispiel dafür ist sein 24teiliger Zyklus von Préludes op. 28, von denen ein großer Teil zwischen 1838 und 1839 auf Mallorca entstand. Gemeinsam mit der Autorin George Sand lebte der Pole auf der Insel in der Hoffnung, idyllische Stimmungen und ein günstiges Klima vorzufinden, sah sich in letzterem Punkt allerdings enttäuscht, was wiederum seinen seelischen Zustand negativ beeinflußte. Nichtsdestotrotz schrieb sich Chopin in dem Zyklus förmlich den Kummer von der Seele. Im Gegensatz zu Bach, der im "Wohltemperierten Klavier" ein chromatisches Ordnungsprinzip wählt, entscheidet er sich allerdings für den Quintenzirkel als strukturelle Grundlage. Das letzte Prélude von CD 1 erschien in einem Benefizprojekt, von dessen Erlös eine Beethovenstatue in Bonn mitfinanziert werden sollte. Daß Chopin trotz seiner Übersiedlung nach Paris 1830/31 im Herzen tief in seiner polnischen Heimat verwurzelt war, findet in vielen seiner Werke einen Widerhall. Nicht nur, daß er sich des urpolnischen Genres der Mazurka hingebungsvoll widmete und deren verschiedenartige Möglichkeiten ausleuchtete, er ließ sich auch gern von der Folklore seines Heimatlandes inspirieren. Dabei verfiel er jedoch nie in stumpfen Kopismus, sondern fing vielmehr Stimmungen ein. Ausgiebige Spaziergänge durch Gottes freie Natur vermittelten ihm nicht nur das Gefühl unendlicher Lebensräume, nach denen sich die Romantiker sehnten; in den Dörfern erlebte er noch Volksmusik aus erster Hand. Spuren finden sich in den Werken wieder. Überhaupt wirkte sich das Erlebnis der Landschaft mit ihrem Gemisch an Farben, Tönen und Düften stimulierend aus, zumal Chopin seinen Flügel häufig hinaus in Freie unter Bäume tragen ließ. Die Tatsache, daß seine polnische Heimat nach seiner Umsiedlung einen politischen Schicksalsschlag nach dem anderen hinzunehmen hatte, bereitete dem Komponisten daher so große Schmerzen, daß er diese in zahlreichen Werken verarbeiten mußte, um ihnen standhalten zu können. Welche Seelenstürme in Chopin gehaust haben müssen, macht speziell die Mazurka a-moll op. 17 Nr. 4 deutlich. Vordergründige Unterhaltung des Publikums war nie Chopins Ziel; er wollte Ausdrücke kreieren. Somit geriet jedes Konzert zu einer spannungsgeladenen Performance, bei der zusätzlich zu den emotionalen Belastungen des Interpreten die Unsicherheit ob der Publikumsreaktionen kam. Elfrun Gabriel kennt solcherart Unsicherheiten nicht, reproduziert die Chopinschen Ausdrücke und Spannungen aber dennoch in fast beängstigend authentischer Weise. Nicht umsonst gilt sie als eine der bedeutendsten zeitgenössischen Chopin-Interpretinnen, was sie auch auf dieser opulenten CD-Box von der ersten bis zur letzten Minute unter Beweis stellt. Die ansprechende Gestaltung, die querstand-typisch hochinformativen Booklets sowie die Tatsache, daß diese Box mit drei CDs zu einem Preis vertrieben wird, für den man anderweitig gerade mal eine einzelne Hochpreis-CD bekommt, sind weitere gute Gründe, die einen Erwerb fast schon zur Pflicht machen. Value for money!