Anton Bruckners vierte Sinfonie ist die einzige, die der Komponist selbst mit einem Beinamen versah, der von seinem Umfeld aufgegriffen wurde und noch bis heute Bestand hat. Unter dem Begriff „Romantische“ darf sich der Hörer allerdings keine zeittypische Programmsinfonie vorstellen. Zwar sind Äußerungen Bruckners überliefert, die bestimmten Teilen bzw. Motiven ein außermusikalisches Programm hinterlegen, aber dies geschah jeweils erst nachträglich, um den Erwartungen des Publikums im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entgegenzukommen. Wie schon die Dritte hat Bruckner auch diese Sinfonie mehrfach umgearbeitet; die erst 1975 erstmals aufgeführte Urfassung enthält beispielsweise noch ein völlig anderes Scherzo, und nach dessen Neukomposition 1878 folgte bis 1880 auch noch ein komplett neues Finale. Weitere Umarbeitungen zogen sich durch die 1880er Jahre, und popularisiert wurde die Sinfonie schließlich in einer veränderten und gekürzten Fassung des Bruckner-Schülers Ferdinand Löwe, die auch im Leipziger Gewandhaus mehrfach erklang, bevor Hermann Abendroth 1939 erstmals die 1936 von Robert Haas herausgegebene Fassung von 1878/80 spielte. In jüngster Zeit wählte Riccardo Chailly die 1953 im Rahmen der Bruckner-Gesamtausgabe von Leopold Nowak edierte Fassung, und für diese entschied sich auch Herbert Blomstedt im Jahre 2010. Der Ehrendirigent des Gewandhausorchesters überzeugte mit seiner nun auch auf Tonträger nachzuhörenden Interpretation Presse wie Publikum und schuf einen weiteren Meilenstein im Rahmen seines Bruckner-Zyklus mit dem Gewandhausorchester.