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Architektur, so meinte Schopenhauer, sei im Grunde nichts anderes als "gefrorene Musik". Und auch wenn man einwenden mag, daß das implizierte Bild der Kälte, der Erstarrung, der statischen Unbeweglichkeit ganz und gar nicht zur Musik passe, die doch etwas Lebendiges, Warmes, Fließendes sei, hat der große Philosoph in gewisser Weise recht. So wie der Blick an einer ionischen oder dorischen Säule von ihrem mächtigen Fuß nach oben bis zu den feinziselierten Kapitellen schweift, so verfolgt das Ohr die Notenfolgen von der einfachen Melodie bis zum kaskadenartigen Disharmoniecluster.
In diesem Sinne muß man kein mühevoll zusammengehaltenes Konstrukt schaffen, um zu erklären, warum Musik von Johann Sebastian Bach so wunderbar in den Fuldaer Dom paßt. Der Thomaskantor malt mit einfachen Tönen ebenso einfache Bilder, die er dann mit großer Farbenfülle nachkoloriert - genauso bietet sich die Farbgestaltung des Innenraums der Domkirche dar: eine für einen Barockbau ungewöhnlich einfache Grundgestaltung, welche die Koloraturen aber umso wirkungsvoller zur Geltung bringt, ohne ihnen erdrückende Schwere einzuräumen. Burghard Preusler geht im Booklettext noch weiter: "Wenn für die Musik Bachs auch immer wieder die rückständige Bindung an das Mittelalter betont wird - ob für die Kunstgattungen immer treffsicher ihre Fortschrittlichkeit oder (Un-)Gleichzeitigkeit diagnostiziert werden kann, mögen andere entscheiden -, die Verknüpfung von einfachsten, gestalterischen Regeln mit einem hohen Komplexitätsgrad kompositorischer Raumdurchdringung läßt sich in diesem Sinne in anspruchsvolleren zeitgenössischen Architekturen wie dem Fuldaer Dom wiederfinden."
Domorganist Hans-Jürgen Kaiser versteht es in beeindruckender Weise, die Musik Bachs in Beziehung zum Klangraum des Fuldaer Doms zu setzen. Das eröffnende Werk "Toccata, Adagio und Fuge C-Dur" verkörpert die barock-prächtige, verspielte Komponente wohl am augenfälligsten, während die Variationen über den Choral "Sei gegrüßet, Jesu gütig" ein breites Spektrum Bachscher Kompositionskunst zu Gehör bringen, da sie über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden sind. Das wohl bekannteste Orgelwerk überhaupt, die "Toccata und Fuge d-moll", beschließt diese CD. Auch wenn in letzter Zeit Zweifel aufgekommen sind, ob es überhaupt von Bach komponiert wurde, ist es doch im musikalischen Kontext alles andere als deplaziert und fügt sich perfekt in die Architektur dieses Tonträgers ein, der damit völlig unabhängig vom Bach-Trend des Jahres 2000 den "Test Of Time" besteht.
Deutsch, Englisch
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