Zwischen Gegenstand und Abstraktion

Gil Schlesingers Biografie ist ein Spiegel des dramatischen Zeitgeschehens in Deutschland im vergangenen Jahrhundert. 1931 wurde er in Aussig im Sudetenland geboren. Sein jüdischer Vater wurde während der deutschen Besatzung bei einem Theaterbesuch von einem Schauspielkollegen denunziert und im Gefängnis von den Nationalsozialisten zu Tode geprügelt. Er selbst überlebte mit seiner Mutter dank der Hilfe von Freunden in einem Versteck im Untergrund.

1948 erfolgte die Übersiedlung nach Israel. Dort arbeitete der Jugendliche in den verschiedensten Berufen und kam erstmalig mit Kunst und mit Künstlern in Berührung, die ihn ermutigten, selbst künstlerisch tätig zu werden. 1955 übersiedelte er auf abenteuerlichem Weg quer durch Europa in die DDR. Nach dem Besuch der Fachschule für Angewandte Kunst (Theatermalerei) in Leipzig wurde er 1967 in den Verband der Bildenden Künstler der DDR aufgenommen und war bis 1980 in Leipzig freischaffend tätig. Anschließend erfolgte die Übersiedlung nach Bayern.

In seiner künstlerischen Tätigkeit avancierte Gil Schlesinger bald zu einer prägenden Gestalt in Leipzig. Mit seinem unkonventionellen Lebensstil und einer von allen akademischen Zwängen freien Kunstauffassung wurde er schnell zu einem viel beachteten Künstler in der DDR. Vor allem jungen Kollegen, die sich dem Kontext der Leipziger akademischen Kunsthochschule entziehen wollten, wurde er Freund, Inspirator und Mutmacher. Gil Schlesinger starb 2024 an seinem 93. Geburtstag.

Mit dem vorliegenden Katalog setzt die Anita und Günter Lichtenstein Stiftung die Reihe der Vorstellung von Einzelkünstlern fort, die mit umfangreichen Konvoluten in der Sammlung der Stiftung vertreten sind. Bereits 2011 hatte sich „Gemalte Poesie“, der Band 5 der Göpfersdorfer Kunstblätter, den bisher wenig im Fokus stehenden Zeichnungen des eher für seine Malerei bekannten Gil Schlesinger gewidmet. Der neue Katalog zeigt nun das gesamte facettenreiche Schaffensspektrum des Künstlers, der dem Sammlerehepaar jahrzehntelang auch eng freundschaftlich verbunden war.

Die Publikation ist erhältlich über die Anita und Günter Lichtenstein Stiftung
guenter.lichtenstein@leitermann.de
www.lichtenstein-stiftung.de

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