Vom Musenhof, der keiner war

Am 20. August 1821, also vor 200 Jahren, starb Dorothea von Kurland mit gerade erst 60 Jahren auf ihrem Gut in Löbichau im damaligen Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg. Seit den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts verbrachte sie vor allem im Sommer geraume Zeit dort. Das Gut diente ihr zunehmend als Rückzugsort. Seit dem Tode ihres Mannes, Herzog Peter von Kurland, führte die überaus vermögende, kulturell interessierte und politisch erstaunlich eigensinnige Witwe ein munteres Leben zwischen Kurland, Berlin, Paris, Wien und Löbichau. Durch ihre verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Kontakte sowohl zum französischen als auch zum russischen und preußischen Hof ließ sie jahrzehntelang ihre Beziehungen in den höchsten Zirkeln der Macht spielen. Der Ruf dieser interessanten Frau führte so manchen Herrscher, Politiker und Geisteswissenschaftler in das kleine ostthüringische Dorf. Zu den Bauern ihrer Rittergutsdörfer hatte sie ein für die Zeit ungewöhnlich entspanntes und großzügiges Verhältnis.

Auch viele Dichter und andere Künstler waren in Löbichau zu Gast, vor allem in den letzten Jahren vor dem Tod der verwitweten Herzogin von Kurland. Dies führte dazu, dass die spätere Geschichtsschreibung von einem Musenhof sprach – ein Begriff, der in diesem Kontext allerdings erst Jahrzehnte nach dem Tod der Gutsherrin auftauchte. Was es damit auf sich hatte und wie sich Dorotheas Leben in Löbichau und die Beziehungen zu ihrem Umfeld gestalteten, das hat die heutige Ortschronistin von Löbichau, Dorit Bieber, eingehend erforscht, zahllose verstreute Quellen herangezogen und neu entdeckte Dokumente ausgewertet. In ihrem vom Förderverein Denkmalstiftung Altenburger Kulturlandschaft e.V. herausgegebenen und demnächst erscheinenden Buch unter dem Titel „Dorothea von Kurland und die Ihren“ arbeitet sie die neuen Erkenntnisse auf und verweist so manche tradierte Geschichte ins Reich der Legenden. Das reich bebilderte Buch spannt den Bogen auch über die nachfolgende Geschichte der Gutsgebäude in Löbichau und dem benachbarten Tannenfeld als Adelsstift und Pflegeheim bis zum heutigen Tag.

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