Steil nach oben oder unten

Die Erschließung gebirgiger Gegenden mit Eisenbahnstrecken stößt oft an Grenzen, nicht nur im Hoch-, sondern auch bereits im Mittelgebirgsbereich. Das war auch im Thüringer Wald und im Thüringer Schiefergebirge nicht anders, wo seit dem 19. Jahrhundert Strecken parallel zum Gebirge entstanden und auch Stichstrecken in einige Täler hinein, letztlich sogar vereinzelte Gebirgsquerungen – aber es blieben immer noch viele Gebiete, die weit vom nächsten Bahnhof entfernt waren und bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung daher lange Zeit große Nachteile hatten.

Zu diesen Gebieten zählten auch die Hochflächen südlich des Schwarzatals um Oberweißbach. Um diese an das Schienennetz anschließen zu können, entwickelte der Ingenieur Wolfgang Bäseler den Plan einer zweiteiligen Kleinbahn, die zunächst von Cursdorf über Oberweißbach nach Lichtenhain als Flachstrecke verläuft, dann aber den Höhenunterschied von mehr als 300 Metern auf knapp 1,4 Kilometern Strecke hinab ins Schwarzatal mit einer Standseilbahn überwindet – einer der steilsten ihrer Art. Nach dreieinhalb Jahren Bauzeit konnte am 1. März 1923 der Personenverkehr aufgenommen werden, ab 1922 fand bereits Güterverkehr statt. Der reguläre Fahrplanbetrieb begann am 15. März 1923.

Schnell entwickelte sich die Oberweißbacher Bergbahn auch zu einem touristischen Highlight und versah über fast 80 Jahre weitgehend störungsfrei ihren Dienst. Bereits 1982 wurde sie als Technisches Denkmal unter Schutz gestellt. Nach der Jahrtausendwende machten sich allerdings umfangreiche Sanierungsmaßnahmen notwendig, die zugleich für die Denkmalpflege eine Herausforderung darstellten, aber konstruktiv gelöst werden konnten, indem zwei Grundprinzipien postuliert wurden: Das optische Erscheinungsbild soll möglichst erhalten bleiben, die technische Modernisierung (u.a. wegen neuer Vorschriften, die nach dem Seilbahnunglück von Kaprun erlassen wurden) erfolgt so umfangreich wie erforderlich.

Dieses Konzept führte zum Erfolg – seit 2002 ist die sanierte Bahn wieder in Betrieb und befördert jahraus, jahrein Touristen wie Einheimische. Seit 2020 lautet der offizielle Name Thüringer Bergbahn. Mehr über die Geschichte, die Probleme und Lösungen bei der Sanierung kann man in zwei Büchern nachlesen: „Verborgene Spuren. Begegnungen mit der Eisenbahngeschichte in Thüringen“ von Franz Rittig sowie „Positionen zur Eisenbahndenkmalpflege in Thüringen“. Beide enthalten darüber hinaus auch noch zahlreiche weitere interessante Abhandlungen über Geschichte und Gegenwart des Eisenbahnwesens in Thüringen.

 

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