Bach und der Umgang mit einer wüsten Stadt

Nein, das erzgebirgische Dorf, in dem er am 29.01.1889 zur Welt kam, wurde nicht nach ihm benannt: Mauersberg hieß schon Jahrhunderte vor der Geburt von Rudolf Mauersberger so. Der Vater Oswald Mauersberger stammte aus dem Nachbardorf Mildenau und war 1882 der erste Lehrer an der neu erbauten Schule in Mauersberg, wo dann auch seine musikalisch berühmt gewordenen Söhne Rudolf und Erhard zur Welt kamen. Rudolf verschlug es nach Lehrerausbildung in Annaberg, Konservatoriumsbesuch in Leipzig und Militärmusikerdienst zunächst nach Aachen. Spätestens dort wurde Johann Sebastian Bach zum bestimmenden Faktor seines Lebens: In Aachen leitete er u.a. den Bachverein, nach seinem Wechsel nach Eisenach gründete er dort den Bachchor Eisenach, und 1930 gelangte er schließlich auf seine Lebensstellung – als Kreuzkantor in Dresden entfaltete er ein enorm reiches musikalisches Leben und schaffte es, den Kreuzchor durch schwierige politische Verhältnisse zu manövrieren, sowohl im Nationalsozialismus als auch in der DDR-Zeit. Dabei stellte er höchste künstlerische Ansprüche, leistete Nachhaltiges für die Liturgiepraxis, widmete sich neben Bach in besonderem Maße auch dem Werk von Heinrich Schütz und komponierte nicht zuletzt selbst. Die Trauermotette „Wie liegt die Stadt so wüst“ RMWV 4/1 war das erste Werk, das der Kreuzchor nach dem Zweiten Weltkrieg aufführte. Hier verarbeitete Mauersberger seine Eindrücke von der zerstörten Stadt Dresden, ebenso in weiteren kurz danach entstandenen Großwerken. Mit der Geistlichen Sommermusik RMWV 11 entstand nur wenige Jahre später aber ein völlig anders gestimmtes großes Werk. Mauersberger prägte Generationen von Schülern und blieb auch noch in einem ganz anderen Kontext der Nachwelt lebendig: Er stiftete seinem Heimatdorf den Neubau einer Kapelle in Anlehnung an die klassische Wehrgangarchitektur der alten Mauersberger Kirche, die justament in seinem Geburtsjahr abgerissen und durch den noch heute existierenden neogotischen Neubau ersetzt worden war. Nach mehr als 40 Dienstjahren als Kreuzkantor starb Rudolf Mauersberger am 22.02.1971.

 

Beim querstand-Label sind mehrere CDs mit Werken Rudolf Mauersbergers erschienen, z.B. die erwähnte Geistliche Sommermusik, die Lukaspassion oder die hier zum Teil in Ersteinspielung vorliegenden Orgelwerke, mit denen man der Schaffensentwicklung des Komponisten nachspüren kann.

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